„Fort mit der Juristerei, mit Politisieren und Zeitungschreiben, fort auf Dein eigenes Pferd“ (...) „ich will Selbstständiges schaffen“, schreibt Gottfried Schenker 1868 an seinen Speditionsfreund Charles Fischer. Er lässt sich in Wien nieder, wo er zusammen mit Moritz Karpeles aus Tab/Ungarn und Moritz Hirsch aus Prossnitz/Mähren die Firma „Schenker & Co.“ gründet. Das Gründungskapital beträgt 50.000 Gulden und obwohl auf Schenker selbst nur 10.000 Gulden entfallen, bekommt er 50 Prozent des Gewinns.
Der erste Standort ist die Bürogemeinschaft in Wien 1, Wildpretmarkt 8, wo eine der bedeutendsten Ideen in der Logistik ihren Ursprung hat: Einzelsendungen zu Transporteinheiten zu bündeln und mithilfe mehrerer Verkehrsträger über weite Strecken zu befördern. Schenkers Vorhaben, einen Bahnsammelverkehr auf der Linie Paris – Wien zu etablieren, erfordert mehrwöchige Reisen in die Vergnügungsmetropole Paris und Schenker logiert schon mal drei Wochen lang im Grand Hotel. Mit seinen Reisen versetzt der Netzwerker seine bescheidenen Partner in Angst und Schrecken, und zwischenzeitlich droht sogar das Ende der Allianz. Doch als der erste Sammelwaggon 1873 auf der Linie Paris – Wien abgefertigt und zum vollen Erfolg wird, ist alles vergessen. Geladen sind unter anderem Champagner, Cognac, Bordeaux-Weine, Modewaren und andere Luxusartikel für die Wiener Gesellschaft in der k.u.k. Monarchie. Es ist die Geburtsstunde des internationalen Bahnsammelverkehrs. Während die Hauptläufe vorwiegend auf der Schiene stattfinden, werden die entsprechenden Hausabholungen und -zustellungen mit Pferdefuhrwerken durchgeführt. „Von Haus zu Haus in einer Hand“ boomt und entsprechend schnell wächst das Niederlassungsnetz. Die erste wird 1874 in Budapest gegründet und noch zu Lebzeiten Schenkers sind es 32 Niederlassungen in 13 europäischen Ländern und 1000 Mitarbeiter.
Zur Weltausstellung in Paris mietet er für seine Reisebürokunden sogar ein ganzes Hotel in der Rue de l´Universite und nennt es Grand-Hotel Schenker. Dorthin führt ihn im September 1900 seine letzte Reise, in die Stadt, in die er auch seine erste Geschäftsreise unternommen hatte. Sein Netzwerk, sein Ideenreichtum und sein Unternehmergeist haben ihn zu einem der erfolgreichsten Wirtschaftspioniere des 19. Jahrhunderts werden lassen. Am 26. November erliegt Gottfried Schenker den Folgen eines Gehirnschlages. Emil Karpeles, Sohn des Mitgründers Moritz Karpeles, notiert in sein Tagebuch als letzte Eintragung des 26.11.1901: „Dear old Schenker †“. Der Name wurde zu einem Begriff auf fünf Kontinenten.